8. November 1958

Ich habe meine Botschaft für den ersten Januar gefunden ... Das geschah nicht absichtlich, aber gestern morgen dachte ich: bald muß ich meine Botschaft finden, aber was? Ich blieb vollkommen ... neutral, weiß. Dann, gestern abend in der Klasse (Freitagsklasse vom 7. November), merkte ich, daß diese Kinder, die eine ganze Woche lang Zeit hatten, Fragen zu dem Text zu finden, keine einzige gefunden hatten! Eine schreckliche Schlaftrunkenheit! Keinerlei Interesse. Als ich fertig gesprochen hatte, fragte ich mich: aber was ist es in diesen Leuten, die sich für nichts anderes interessieren als ihre kleinen persönlichen Begebenheiten? Und ich begann in ihre mentale Atmosphäre einzudringen, auf der Suche nach einem kleinen Licht, das antwortet ... Das zog mich buchstäblich nach unten, wie in ein Loch, aber auf derart materielle Weise: meine Hand rutschte von der Armlehne des Stuhls, meine andere Hand geht so (Geste auf den Boden), mein Kopf auch! Ich glaubte, mein Kinn würde auf den Knien landen!

Ich hatte den Eindruck ... kein bloßer Eindruck: ich sah. Ich stieg hinab wie in einen Spalt zwischen zwei schroffen Felsen, Felsen, die härter wären als Basalt, schwarz, aber zugleich metallisch, mit so scharfen Zacken - man meinte, wenn man sie nur berührte, würde man zerfetzt. Es schien endlos und bodenlos zu sein, und der Spalt wurde immer schmaler, immer enger, immer enger, wie ein Trichter, so eng, daß kaum noch Platz blieb, um durchzukommen, selbst für das Bewußtsein. Der Grund war nicht zu sehen: ein schwarzes Loch. Und das ging tiefer und tiefer und tiefer, ohne Luft, ohne Licht, gerade eine Art Schimmer, der mir erlaubte, die Felszacken zu erkennen. Wie ausgestanzt, so schroff, so scharf ... Schließlich, als mein Kopf gerade meine Knie berührte, fragte ich mich: Aber was ist bloß auf dem Grund dieses ... Lochs?

Und sobald ich diese Worte ausgesprochen hatte, war es als hätte ich ganz unten auf dem Grund eine Sprungfeder berührt - eine Feder, die ich nicht sah, die aber augenblicklich wirkte, mit einer ungeheuren Macht - und die mich mit einem Stoß aus dieser Kluft herausschleuderte in ... (Geste mit ausgebreiteten Armen, unbewegt) eine Unermeßlichkeit ohne Grenzen, ohne Form, unendlich angenehm - nicht direkt warm, aber sie gab einen angenehmen Eindruck von inniger Wärme.

Es war allmächtig, von unendlicher Reichhaltigkeit: es besaß keine ... keine bestimmte Form, und es hatte keinerlei Grenzen (weil ich damit identifiziert war, wußte ich, daß es weder Grenzen noch Form besaß). Und diese Unermeßlichkeit bestand wie aus unzähligen unmerklichen Punkten - Punkte, die keinen Raum belegen (es gab keinen Raum), von dunklem, warmen Gold - aber das war nur ein Eindruck, eine Übersetzung (denn es war nicht sichtbar). All das war vollkommen lebendig, lebendig mit einer scheinbar unendlichen Macht. Und dennoch unbewegt.

Das blieb ziemlich lange, die ganze restliche Meditation.

Es enthielt in gewisser Weise allen Reichtum der Möglichkeiten; und all das, was keine Formen besaß, hatte die Macht, Form zu werden.

Im ersten Augenblick fragte ich mich, was das wohl bedeutete. Später fand ich es, und heute morgen sagte ich mir: aber das will mir meine Botschaft für das neue Jahr geben! Dann schrieb ich es auf (das läßt sich natürlich nicht beschreiben - es ist überhaupt unbeschreiblich: es war ein psychologisches Phänomen, und die Formen waren nur ein Mittel, sich selber den psychologischen Zustand zu beschreiben). Hier ist meine Aufzeichnung, offensichtlich eine mentale Aufzeichnung, und ich habe vor, daraus meine Botschaft zu machen.

Die Ausdrucksweise schwankt ein wenig. Deshalb habe ich dir die Papiere mitgebracht, damit wir den endgültigen Text zusammen entscheiden.

Ich habe nichts beschrieben, nur eine Tatsache festgehalten (Mutter liest):

Auf dem tiefsten Grund der härtesten, starrsten, engsten, erstickendsten Unbewußtheit berührte ich eine allmächtige Feder, die mich mit einem Stoß in eine Unermeßlichkeit ohne Form und ohne Grenzen schleuderte, die Quelle aller Schöpfung.

Das ist ein weiterer Beweis. Die Erfahrung war völlig ... das englische Wort genuine drückt es aus.

Authentisch und spontan?
Ja, die Erfahrung hatte ich nicht gesucht, ich hatte nicht entschieden, dies zu tun. Es entsprach keiner inneren Einstellung. Bei einer Meditation kann man entscheiden: ich werde so oder so oder so meditieren, ich werde dies oder jenes tun. Allgemein habe ich bei Meditationen eine Art innerer (oder höherer) Eingebung, was zu tun ist, und das tue ich dann. Aber hier war das nicht der Fall. Ich hatte entschieden: nichts, ich entscheide nichts, ich bleibe "einfach so".

Dann geschah es.

Plötzlich, als ich sprach (während ich sprach), hatte ich den Eindruck: also wirklich, kann man überhaupt irgend etwas mit einer derartigen Substanz anfangen? Dann, als ich aufhörte zu sprechen, fühlte ich mich gezogen. Da verstand ich. Denn ich hatte mir die Frage gestellt: "Was geschieht darin, hinter all diesen Formen?..." Ich war nicht gerade irritiert aber sagte mir doch: das müßte ein wenig wachgerüttelt werden! Und sobald ich zu Ende gesprochen hatte, zog mich das - zog mich aus meinem Körper heraus, ich wurde buchstäblich aus meinem Körper gezogen.

Dann, dieses Loch ... Ich sehe jetzt noch, was ich da sah, diese Kluft zwischen zwei Felsen. Man sah keinen Himmel, man sah ... nur eine Art Widerschein eines Schimmers auf den Kanten der Felsen, ein Schimmer von "etwas" jenseits, das (lachend) der Himmel sein mußte! Aber es war nicht zu erkennen. Und während ich dort hinabstieg, in diese Kluft glitt, sah ich die Zacken; und diese schwarzen Felsen, wie mit dem Meißel herausgestochen, glänzten, so frisch war der Schnitt, und diese messerscharfen Kanten. Hier eine, dort eine, dort eine, überall, auf allen Seiten. Und ich wurde weiter und weiter gezogen, tiefer und tiefer - das nahm kein Ende und wurde immer erdrückender, erstickender. Tiefer und tiefer...

Und physisch folgte der Körper. Mein Körper hat gelernt, in einem bestimmten Maß die inneren Erfahrungen auszudrücken. Der Körper enthält die Kraft des Körpers oder die Form des Körpers oder den Geist des Körpers (je nach den Schulen trägt es verschiedene Namen), das, was den Körper als letztes verläßt, wenn man stirbt, allgemein braucht es sieben Tage, um ihn zu verlassen. Mit einer besonderen Ausbildung kann das ein bewußtes - unabhängiges und bewußtes - Leben führen, sodaß es nicht nur im Trancezustand (in Trance geschieht es sehr häufig, daß man sprechen und sich bewegen kann, mit ein wenig Übung und Ausbildung), sondern auch im kataleptischen Zustand die Kraft hat, Laute hervorzubringen und den Körper sogar zu bewegen. Mit der notwendigen Ausbildung erhält der Körper dann schlafwandlerische Fähigkeiten - nicht der gewöhnliche Somnambulismus, aber er kann unabhängig weiterleben. Und so geschah es gestern abend, ich hatte meinen Körper verlassen, aber mein Körper nahm an der Erfahrung teil. Und ich wurde nach unten gezogen: die eine Hand glitt von der Armlehne, dann die andere, dann berührte mein Kopf fast die Knie! (Das Bewußtsein war anderswo, ich sah den Körper von außen - nicht, daß ich nicht wußte, was ich tat: ich sah ihn von außen.) Dann sagte ich: irgendwo muß das aber aufhören, wenn das so weitergeht (lachend), wird mein Kopf auf dem Boden landen! Und ich dachte: was ist bloß auf dem Boden des Lochs?...

Kaum war die Frage formuliert, erreichte ich ihn, den Boden des Lochs, und es war wirklich wie eine ungeheure, allmächtige Feder, und... (Mutter schlägt auf den Tisch) hopp! wurde ich aus all dem herausprojiziert in eine Unermeßlichkeit. Und mein Körper richtete sich augenblicklich wieder auf, mein Kopf hob sich - er folgte der Bewegung. Ein Zuschauer hätte es sehen können: plötzlich, hopp! voll ausgestreckt, den Kopf in der Luft.

Ich verfolgte all das, ohne es im geringsten zu objektivieren; ich wußte nicht, was es war, was geschah, keine Erklärung, nichts: es geschah "einfach so". Ich erlebte es, das war alles. Die Erfahrung war vollkommen spontan. Und nach diesem ziemlich ... schmerzvollen Abstieg war es auf einmal eine Art Super-Wohlbefinden. Anders kann ich es nicht erklären, ease [Behagen], aber in seinem Maximum. Eine vollkommene Unbewegtheit mit einem Gefühl der Ewigkeit - aber mit einer unglaublichen intensität der Bewegung und des Lebens! Eine innerliche Intensität (Intensität, die sich nicht manifestiert: innerlich, in sich enthalten). Und unbewegt (wenn es ein Außen gegeben hätte, dann unbewegt in Bezug auf das Außen), in einem ... unzählbaren Leben, es läßt sich nicht anders beschreiben als in bildhafter Weise unendlich. Eine Intensität, eine macht, eine Kraft ... und ein Friede - der Friede der Ewigkeit. Ein Schweigen, eine Ruhe. Eine MACHT mit der Fähigkeit ... zu allem. Allem. Ich dachte es nicht, ich objektivierte es nicht: ich erlebte es mit Wohlbefinden - mit großer Behaglichkeit. Und das dauerte bis zum Ende der Meditation. Als es anfing langsam zu verblassen, brach ich die Meditation ab und ging hinaus.

Später, als ich zum Ashram zurückkehrte, fragte ich mich: Was ist das? Was bedeutet das? Dann verstand ich.

Jetzt werde ich es sauber hinschreiben, gibt mir doch ein Blatt Papier.

(Mutter fängt an, ihre Botschaft aufzuschreiben)

"Auf dem tiefsten Grund der härtesten, starrsten..." Denn im allgemeinen gibt das Unbewußte gerade den Eindruck von etwas Amorphem, Inerten, Formlosen, neutral und grau (als ich damals in die Bereiche des Unbewußten eindrang, fiel mir das als erstes auf). Aber hier war es eine Unbewußtheit ... die hart, starr, geballt war, als hätte sie sich zum Widerstand geballt: jegliche Anstrengung gleitet ab, greift nicht, dringt nicht ein. Deshalb schreibe ich "härtesten, starrsten, engsten" (der Eindruck von etwas, das euch immer enger drosselt), "erstickendsten" - ja, erstickend ist das Wort.

"... berührte ich eine allmächtige Feder, die mich mit einem Stoß in eine Unermeßlichkeit ohne Form und ohne Grenzen schleuderte, die Quelle aller Schöpfung." Das war ... ja, ich glaube, es war nicht die gewöhnliche Schöpfung, die vorzeitliche Schöpfung, sondern die supramentale Schöpfung. Denn es entsprach nicht der Erfahrung von der Rückkehr zum Höchsten, zum Ursprung von allem: ich hatte wirklich den Eindruck, in den Ursprung der supramentalen Schöpfung projiziert zu werden - etwas, das sozusagen bereits vom Höchsten objektiviert wurde, mit dem präzisen Ziel der supramentalen Schöpfung.

Das war mein Eindruck.

Ich glaube nicht, daß ich mich täusche, denn es gab wirklich diesen Eindruck von Macht, Wärme, Gold ... Es war nicht flüssig: wie ein Stäuben. Und jedes dieser Dinge (man kann sie nicht Stückchen oder Fragmente nennen, nicht einmal Punkte, es sei denn, man nimmt sie als Punkte im mathematischen Sinne, Punkte, die keinen Raum belegen), es war etwas ähnliches wie mathematische Punkte, aber aus lebendigem Gold, ein Stäuben von heißem Gold; man kann nicht sagen hell oder dunkel; es war auch kein Licht: eine Vielzahl kleiner goldener Punkte, nichts als das. Es war fast, als berührten sie meine Augen, mein Gesicht ... mit einer innen enthaltenen Macht und Wärme, ungeheuer! Und zugleich das Gefühl einer Fülle, eines allmächtigen friedens ... Reich und voll. Bewegung in ihrem Äußersten, unendlich schneller als alles, was wir uns vorstellen können, und zugleich der absolute Frieden, die vollkommene Ruhe.

(Mutter kommt zurück auf ihre Botschaft)

Ich nehme nicht das Wort ... Es sei denn, anstelle von "Quelle aller Schöpfung" sage ich: "Quelle der neuen Schöpfung". Aber dann, dann wird es überwältigend! Es ist genau das. Es ist das. Aber ist die Zeit gekommen, es zu sagen? Ich weiß nicht...

Quelle der neuen Schöpfung...